Die Akupunktur in der westlichen Medizin

Trotz ihrer uralten Tradition ist die Akupunktur in der westlichen Welt noch nicht so lange bekannt - und erst seit vergleichsweise kurzer Zeit genießt sie auch bei uns die gebührende Anerkennung in der Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Im 14. Jahrhundert hörte man dank der Reiseberichte Marco Polos erstmals in Europa von der Akupunktur. Erst 300 Jahre später wurde sie durch die Handelsbeziehungen der Seemächte England, Holland und Frankreich nach Ostasien auch weiteren Kreisen bekannt. Zu jener Zeit verfasste der Holländer Jakob de Bondt ein umfangreiches und viel beachtetes Werk über die Naturgeschichte und Medizin Asiens. Jedoch - es blieb bei der Theorie: Noch im 18. Jahrhundert wurde die Akupunktur bestenfalls in adligen Kreisen als besonders "exotische" Therapieform eingesetzt. So berichtet beispielsweise der Liebarzt des Grafen von der Lippe, Engelbert Kämpfer, über seine Anwendungserfolge. Im 19. Jahrhundert geriet die Akupunktur vorübergehend in Vergessenheit.

Erst im 20. Jahrhundert, nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde die Akupunktur in der westlichen Welt wirklich "entdeckt": Den Anstoß gab 1950 der 4. Internationale Kongress für Akupunktur in Paris 1950: In den Folgejahren wurden zahlreiche Gesellschaften gegründet, die sich der Erforschung und Verbreitung der Akupunktur widmeten - darunter auch die Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur (DÄGFA). Einen weiteren Wendepunkt markierte der China-Besuch von Präsident Nixon im Jahr 1972: Er rückte nicht nur die politische Lage, sondern auch die hoch entwickelten Wissenschaften des Landes in den Blick der Weltöffentlichkeit. Die Fernsehberichte von Operationen, bei denen die Anästhesisten mit Akupunkturnadeln arbeiteten, hinterließen in der ganzen Welt einen bleibenden Eindruck. Seitdem haben intensive Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten für eine stetig zunehmende Akzeptanz und Anwendung der Akupunktur gesorgt.

Heute entwickelt sich die Akupunktur in Europa mehr und mehr zur anerkannten Ergänzung der Schulmedizin (während sie in den USA nach wie vor hauptsächlich als Domäne chinesischer Einwanderer gilt). Vor allem bei chronischen Schmerzen wie Migräne und Gelenkbeschwerden, aber auch bei phsychosomatischen Erkrankungen, Asthma, Allergien, chronischen Magen-Darmbeschwerden, Tinnitus, Neurodermitis - ja, selbst bei psychischen Erkrankungen wird sie inzwischen erfolgreich eingesetzt. In zahlreichen Schmerzkliniken ist sie heute Routinemethode. Und Schätzungen zufolge praktizieren in Deutschland inzwischen - bezogen auf die Einwohnerzahl - fast doppelt so viele Akupunkturärzte wie in China!

Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass die Segnungen der Akupunktur noch breiteren Patientenkreisen zugänglich gemacht werden können. In Deutschland haben zumindest die Krankenkassen begonnen, im Rahmen von Modellversuchen die Akupunktur als Therapieform anzuerkennen und zu finanzieren. Nun ist es an der Politik, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. über neue Entwicklungen auf diesem Gebiet werden wir Sie auf unserer Seite Aktuelles regelmäßig auf dem Laufenden halten.
Quelle: Stiftung Akupunktur - HNO Wiesbaden 2004